Produktivität

So erstellen Sie Ihren persönlichen Entwicklungsplan

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Zyniker, die für die Einführung persönlicher Entwicklungspläne nur Spott übrig haben, sollten jetzt aufpassen: Die effektive Weiterbildung von Mitarbeitern war noch nie so wichtig wie heute. Denken Sie nur mal an den Aufruhr, den der digitale Wandel am globalen Arbeitsmarkt auslöst, und an die Angst der Arbeitskräfte vor dem Jobverlust. Der Salesforce-CEO Marc Benioff sprach dieses Jahr in Davos gar von einer drohenden Krise der „Digitalisierungsflüchtlinge“. Selbst die Staatsoberhäupter der Welt erkennen an, dass sich die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich nur schließen lässt, indem eine massive, erzwungene Umverteilung von Wohlstand in die Wege geleitet wird oder die Menschen durch bessere Ausbildung mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhalten.

Da persönliche Entwicklungspläne tiefere Einblicke als die übliche Leistungsbeurteilung gewähren können, bieten sie Managern und Angestellten eine wirksame Überlebenshilfe. Wichtig ist nur die richtige Umsetzung, denn sonst werden sie schnell zu der nervigen Pflichtübung, für die viele sie halten.

 

Es geht um die Mitarbeiter, nicht um Sie

Selbst Mitarbeiter, die stets um einen guten Eindruck bemüht sind, können einen Entwicklungsplan als lästige Pflicht empfinden. Es sei denn, die Vorgesetzten hören auf, sich auf die eigenen Bedürfnisse zu konzentrieren und gehen stattdessen auf die Interessen und Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter ein. Natürlich ist der Sinn und Zweck von Entwicklungsplänen, Unternehmensbedürfnisse zu erfüllen. Doch idealerweise sollten auch die Mitarbeiter von dem Plan begeistert sein. Ist das nicht möglich, sollte er wenigstens einen Motivationsfaktor enthalten, der kein Unternehmensbedürfnis ist, und der den Mitarbeitern weitestgehend das Gefühl gibt, die Zügel selbst in der Hand zu haben.

„Persönliche Weiterentwicklung muss nicht unbedingt einen Aufstieg bedeuten“, so das britische Chartered Management Institute. „Vielmehr geht es um die Befähigung der Mitarbeiter, ihre Leistungen zu verbessern und ihr Potenzial auf jeder Sprosse der Karriereleiter voll auszuschöpfen.” Passen Sie jedoch auf, dass Sie sich nicht verrennen. Halten Sie sich notfalls noch mal Ihr Geschäftsmodell vor Augen, damit die Bedürfnisse der Mitarbeiter auch mit denen des Unternehmens in Einklang stehen.

 

Ganz oder gar nicht

Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg eines persönlichen Entwicklungsplans ist Vertrauen. Das bedeutet zunächst einmal, dass Sie sich regelmäßig Zeit für Ihre Mitarbeiter nehmen sollten. Es kann aber auch bedeuten, dass Sie Geld in die Hand nehmen müssen. So wird eventuell Zugang zu finanziellen Mitteln, Materialien oder externen Schulungen benötigt. Die HSBC warnt: „Wenn Sie die nötigen Ressourcen unterschätzen, riskieren Sie, dass Ihre Mitarbeiter scheitern und Arbeitsmoral, Produktivität und das Vertrauen der Mitarbeiter leiden.”

Ein sinnvoller Entwicklungsplan braucht auch eine sinnvolle Struktur. Es ist nicht damit getan, die Mitarbeiter ihre Fähigkeiten und Hobbys aufschreiben zu lassen. Philip Clifford, Associate Dean for Research an der University of Illinois, nannte im Wissenschaftsmagazin Nature vier Hauptabschnitte, die ein solcher Plan umfassen sollte: Selbstbewertung und Reflexion, Karriereentscheidungen und -wege, konkrete kurz- und langfristige Ziele sowie Möglichkeiten zur Umsetzung dieser Ziele.

Es empfiehlt sich auch, bei den Mitarbeitern nachzufragen, von wem und wie sie geschult werden möchten. Einen nützlichen (wenn auch recht umfangreichen) Fragebogen zur Ermittlung von Lernpräferenzen finden Sie hier.

 

 

Regelmäßige Überprüfung

Wie oft Entwicklungspläne auf den Prüfstand gestellt werden sollten, ist umstritten. Zu häufige Kontrollen geben den Mitarbeitern das Gefühl, unter ständiger Beobachtung zu stehen. Bei zu seltenen Kontrollen kann es passieren, dass sie sich zu weit vom Plan entfernen. Die HSBC empfiehlt, persönliche Entwicklungspläne neuer Mitarbeiter in den ersten drei Monaten monatlich und danach vierteljährlich zu prüfen. Bei Mitarbeitern, die schon länger dabei sind, sollten die Fortschritte mindestens zweimal pro Jahr kontrolliert werden.

Scontrino-Powell, eine US-amerikanische Praxis für Organisationspsychologie, empfiehlt, konkrete Ziele mit festen Fristen festzulegen. Der Fortschritt kann dann vierteljährlich in persönlichen Gesprächen mit dem Chef beurteilt werden. Längerfristige Ziele lassen sich in Etappenziele unterteilen und regelmäßig kontrollieren. Sollen zum Beispiel kreative Denkmuster gefestigt werden, könnte der Mitarbeiter an einer Konferenz teilnehmen und kurze Zusammenfassungen der vorgestellten Produkte und ihrer Besonderheiten schreiben.

Wenn es Mitarbeitern nicht gelingt, ihre Ziele zu erreichen, sollte ein Kurswechsel erwogen werden. Auch hier ist es wichtig, ihnen das Gefühl zu geben, dass sie die Kontrolle haben. Durch die Möglichkeit, ein Selbstbeurteilungsformular auszufüllen, erhalten sie Gelegenheit, Vorschläge zur eigenen Verbesserung und zur Verbesserung des Prozesses zu machen.

 

Persönliche Entwicklungspläne für alle – Sie eingeschlossen

Niemand fühlt sich gerne so, als ob er nicht dazugehört. Deshalb ist es wichtig, Entwicklungspläne möglichst für das gesamte Unternehmen einzuführen – auch für den Chef. Zudem gibt es Fehler, die Führungskräfte tunlichst vermeiden sollten, wie z. B. sich eigene Schwächen nicht einzugestehen, sich in Details zu verlieren und Ratschläge nicht zu beherzigen.

Manchmal sind sie auch einfach keine guten Motivatoren. In einer kürzlich durchgeführten Umfrage der Personalberatung Zenger Folkman gaben 21 Prozent der Teilnehmer zu, negatives Feedback zu vermeiden. Noch besorgniserregender ist, dass ganze 37 Prozent sogar positives Feedback vermieden.

Ein guter Ausgangspunkt kann daher die Beauftragung eines externen Beraters sein, der eine 360°-Beurteilung durchführt, bei der die Mitarbeiter ihren Chef bewerten. Anschließend kann der Berater dem Manager helfen, einen persönlichen Entwicklungsplan aufzustellen, der die Anliegen der Mitarbeiter aufgreift. In die eigene Weiterentwicklungsstrategie der Führungskraft könnten auch Reverse-Mentoring-Programme eingebunden werden. Die Hauptsache ist, dafür zu sorgen, dass die Manager über die nötigen Fähigkeiten verfügen, um persönliche Entwicklungspläne umzusetzen. Das Erlernen dieser Fähigkeiten könnte sogar Teil ihres eigenen Plans sein.